Erstausstrahlung der deutschen und französischen 90-Minuten-Fassung zum Auftakt des Jubiläumsprogramms 25 Jahre ARTE am Samstag, dem 27. Mai 2017 um 20.15 Uhr
Mehr darüber in der ARTE-Pressemitteilung anlässlich des Jubiläumsprogramms und im Web-Archiv von WELT.de
Venedig. Die prächtigste Stadt der Welt, millionenfach besucht, millionenfach fotografiert, steckt dennoch voller Rätsel. Touristen gehen oft achtlos daran vorüber, wie an jenen geheimnisvollen Zeichen, denen die TV-Dokumentation „Venedig und das Ghetto“ folgt. Sie erzählen von der fünfhundertjährigen Geschichte der jüdischen Bevölkerung Venedigs, von Unterdrückung und Entbehrung, aber auch von Lebenswillen und Freude – und führen an einen Ort, der heute zu den belebtesten und beliebtesten Stadtteilen Venedigs gehört...
Am 29. März 1516 fasste die Republik Venedig einen Beschluss mit weitreichenden Folgen: Sie wies den Juden ein Gebiet zu, in dem sie von nun an abgetrennt von der übrigen Bevölkerung leben mussten. Es war ein ödes Areal am Stadtrand, „Ghetto“ genannt. Von hier aus verbreitete sich der Begriff auf der ganzen Welt als Synonym für Ausgrenzung und Verfolgung.
In Venedig kam es anders: Das Ghetto ist heute ein Ort der Begegnung und ein beliebtes, bunt gemischtes Wohnviertel mit hoher Lebensqualität.
Wie kein anderer Ort spiegelt dieses Viertel die wechselhaften Beziehungen zwischen den Juden, Venedig und der Welt wider – in kleinen Details, die große Geschichten erzählen wie z.B.:
...fünf prächtigen Synagogen hinter unscheinbaren Fassaden...
...sonderbaren Fenstern auf Höhe des Meeresspiegels...
...uralten, dicht gedrängten Hochhäusern, die auf Sand gebaut sind...
...Wohnungen, in denen man kaum aufrecht stehen kann...
...einer Marmortafel, die Denunzianten ködert...
...einem Kanal für die Toten...
Die ersten Juden, die im Ghetto ankamen, fanden verfallene Häuser, Schmutz und Unrat vor. Es war ein aufgelassenes Gewerbegebiet, rundum von Wasser umgeben und nur durch Tore zu betreten, die in der Nacht verschlossen und streng bewacht wurden. Dennoch strömten immer mehr herbei – auf der Flucht vor Kriegen und der Verfolgung auf dem Festland. Die Tore des Ghettos verhießen ihnen nicht nur Ausgrenzung, sondern auch Schutz. Venedig gewährte diesen Schutz, forderte dafür aber auch massive Gegenleistungen: Juden mussten nicht nur hohe Steuern zahlen, sondern auch Geld an die venezianische Bevölkerung verleihen.
Mit jeder Einwanderungswelle kamen mehr Juden ins Ghetto - aus anderen Kulturkreisen, mit fremden Sprachen, Sitten und Gebräuchen. Es gab Zeiten der Repression, der Armut, der Verfolgung, aber auch Zeiten der kulturellen und wirtschaftlichen Blüte – alles auf engstem Raum. Erst Napoleon ließ die Tore des Ghettos öffnen. Von da an waren die Juden den übrigen Venezianern gleich gestellt, zumindest theoretisch. Von der dunklen Zeit der Naziherrschaft zeugen „Stolpersteine“, ein Gedenkzentrum und ein Mahnmal am zentralen Campo des Ghettos. Heute leben die Mitglieder der jüdischen Gemeinde in ganz Venedig verstreut, aber das Ghetto und seine fünf Synagogen bilden noch immer den Mittelpunkt ihrer religiösen Identität.
Die spannende TV-Dokumentation „Venedig und das Ghetto“ entschlüsselt die verborgenen Rätsel des Ghettos und spürt in Spielszenen und in der Realität den Geschichten dahinter nach – von Menschen, die den Ort über Jahrhunderte prägten bis hin zu jenen, die es heute tun.
TV-Dokumentation für ARTE, NDR, BR, ORF, RAI
90 Min. / 2 x 43 Min. / 52 Min. HD
Drehbuch: Klaus T. Steindl
Regie: Klaus T. Steindl
Sprechertext: Klaus T. Steindl, Ulrike Gessner
Produktion: Metafilm, Tellux Film
Reenactment-Pics: (c) Helmut Wimmer_Philipp Sklorz_Metafilm_Tellux Film